Kenneth Oppel - Die "Schatten"-Trilogie

Wer Lesen kann und damit angeben muß, was er gerade liest oder gelesen hat
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mordsfilm
Altstadtquerulant
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Kenneth Oppel - Die "Schatten"-Trilogie

Beitrag von mordsfilm »

Manchmal ist es ja doch ganz nützlich, die Hälfte seiner Bücher bei Amazon zu bestellen.
Nicht weil sie dort besser, schöner, schneller da oder lesenswerter wären, sondern weil es da ein halbwegs cleveres Computerprogramm gibt, das dem werten Kunden mitteilt, was andere, die die selben Bücher gekauft haben, die man gerade bestellt hat, außerdem noch erworben haben.
Da man ja wirklich nicht alles kennen kann und ich keine Literaturzeitschriften oder sonstige Publikationen lese, die Buchempfehlungen geben, bin ich auf diese Weise doch an das eine oder andere gute oder interessante oder auch schonmal geniale Buch gekommen.

Als ich nun letztens ein Geschenk bestellte, bekam ich eine Empfehlung, die ich erstmal anhand der Inhaltsangabe und Leseprobe überprüfte, für interessant befand und alle drei Bände orderte (Ostern und eine Andeutung von Ferien nahten).

Ich habe es nicht bereut.

Kenneth Oppels Romane sind nicht wirklich der Fantasy zuzuordnen. Betrachtet man die Tatsache, daß sie von intelligenten Tieren handeln, haben sie etwas Märchenhaftes oder Fabelähnliches an sich, gestalten die reale Welt aber auch so um, daß sie nicht zwingend wiedererkennbar wird und fügen der Handlung, in den folgenden Büchern immer mehr, eine eigene Mystik hinzu.

Ich habe die drei Romane in einer guten Woche glatt am Stück gelesen und habe es bedauert, daß sie schon zuende waren.

Ich kann sie vorbehaltlos allen Fantasyfreunden empfehlen, die Spaß an ihrem Terry Pratchett haben oder Eoin Colfer lieben.

Es gelingt Oppel, eine überzeugende, geschlossene Welt aufzubauen, die in sich funktioniert und nach ihren eigenen Gesetzen existiert.
Was passiert ist logisch und folgerichtig aber trotzdem teilweise so irrwitzig überraschend, daß es einem immer wieder den Atem verschlägt.

Dabei hat Oppel eine große Meisterschaft in der Parallel-Erzählung aus verschiedenen Perspektiven entwickelt, die er jeweils mit cleveren Cliffhangern abschließt, die einen einfach weiterlesen lassen, egal, wie müde man abends ist.

Schön ist außerdem, daß er in der Vermenschlichung seiner Protagonisten nicht soweit fortgeschritten ist, daß er sie zu fliegenden Humanoiden macht.
Es bleiben Fledermäuse, die die Welt aus der Fledermausperspektive erleben, also in erster Linie in Ultraschallbildern.

Wenn man sich dafür interessiert und ein bißchen nachforscht, wird man schnell feststellen, wie intensiv Oppel sich mit den Fledermäusen an sich beschäftigt hat.
So ist das Verhalten der Silberflügel tatsächlich dem entsprechend, das diese Art in der freien Wildbahn an den Tag legt.

Und auch die Vampyrum sind in Oppels Romanen genau das, was sie in den südamerikanischen Dschungeln auch sind: Gnadenlose Fleischfresser und Kannibalen von 1 Meter Flügelspannweite...


1.) Silberflügel
Die Fledermäuse glauben an Nocturna, ihre Göttin der Nacht und daran, daß eines Tages die Menschen ihnen helfen werden, den Tag zurück zu erobern. Die Menschen müssen einfach ihre Verbündeten sein.
Warum sonst sollten sie einige ausgesuchte Tiere mit Ringen auszeichnen?
Den Tageshimmel haben die Fledermäuse verloren, weil sie sich vor Jahrmillionen aus dem Krieg zwischen den Vögeln und den Vierfüßlern an Land herausgehalten hatten.
Für diesen Verrat wurden sie von den Vögeln verbannt und dürfen sich nach Sonnenaufgang bei Todesstrafe nicht mehr am Himmel sehen lassen.
Die Eulen wachen streng darüber, daß die Fledermäuse dieses Gesetz einhalten.

Schatten ist nicht besonders groß, nicht besonders beliebt und nicht besonders mutig. Er ist eins von vielen Jungtieren der Baumkolonie, wo die Silberflügel von ihren Müttern aufgezogen werden.
Bald steht die Reise ins Hibernaculum an, wo die Fledermäuse erstmals ihre Väter sehen sollen und ihren Winterschlaf halten werden.

Aber Schatten wird am Tag vor dem Abflug von einem anderen Jungtier provoziert und läßt sich auf eine blöde Wette ein.
Er will die Sonne sehen.
Er wird von den Eulen erwischt und gejagt, kann sich in den Baum retten, ruft aber damit die Zerstörung der Heimstätte hervor, da die Eulen darauf bestehen, den Gesetzesbrecher in ihre Krallen zu bekommen.
Als die Fledermäuse die Herausgabe von Schatten ablehnen, attackieren die Eulen, die von Menschen einst das Feuer gestohlen haben, den Baum mit brennenden Zweigen und er geht in Flammen auf.

Die Fledermäuse müssen fliehen und treten sofort die Reise ins Hibernaculum an.
Aber es kommt, wie es kommen muß: Schatten geht auf dem Flug im Sturm verloren.

Auf einer Insel stößt er auf die Außenseiterin Marina, einen beringten Glanzflügel, der von seinem Stamm ausgestoßen wurde, weil die anderen den Ring als einen Todesboten sehen.
Die beiden verbünden sich und setzen alles daran, Schattens Schwarm wieder einzuholen.

Aber keiner der beiden ahnt, welches Unheil sich zusammenbraut.
Zwei Killerfledermäuse, der Fürst Goth und sein tumber Diener Throbb, wurden von Menschen gefangen und hierher verschleppt.
Es gelingt den cleveren Kannibalen-Riesen aber zu entkommen.
Als sie über der Stadt Tauben reißen, ist das für die anderen Vögel eine offene Attacke.
Sie sperren den Himmel kurzerhand für die Fledermäuse und erklären ihnen den Krieg...



2.) Sonnenflügel
Schatten und Marina haben es ins Hibernaculum geschafft und sind Goth entkommen. Dort bekommt Schatten die Nachricht, daß sein tot geglaubter Vater Cassiel noch lebt und nur auf dem Flug zu einem heiligen Ort, wo alle Wünsche der Fledermäuse in Erfüllung gehen sollen, verschollen ist.
Schatten und seine Mutter stellen eine Suchexpedition zusammen, der auch Marina und die Älteste der Fledermäuse, Frieda, angehören.

Die Gruppe erreicht nach einigen Gefahren, die sie wegen des noch immer tobenden Krieges bestehen müssen, den besagten Ort, ein großes, geschütztes Gebäude, in dem es für Fledermäuse alles gibt, was sie sich wünschen.
Aber Schatten bleibt skeptisch, insbesondere weil er seinen Vater nicht findet.
Warum sollten Menschen so etwas bauen? Und warum kann man nur hinein, nicht hinaus?
Schattens Mißtrauen ist mehr als berechtigt, wie er nur wenig später grausam erfahren muß.
Die Menschen sind nämlich mitnichten die Freunde der Fledermäuse.

Ehe er sich versieht, ist Schatten mitten im nächsten, lebensgefährlichen Abenteuer und muß sich nicht nur mit einer ganzen Kolonie von Killer-Fledermäusen herumschlagen, sondern findet sich auch noch, mit unerwarteten Verbündeten, mitten im Krieg gegen die Eulen wieder.

Dabei hatte er doch nur ein einziges Ziel: Seinen Vater zu finden...



3.) Feuerflügel

Greif ist der Sohn von Schatten und Marina. Aber dort wo der Held der vielen Lieder, der berühmte Schatten, furchtlos und mutig war, ist Greif nachdenklich, besonnen und eher ängstlich.
Greif hat seinen Vater noch nie gesehen und befürchtet, daß der von ihm enttäuscht sein wird.
Schatten selbst hält es im Sommerlager der Fledermäuse nicht aus, weil er endlich seinen Sohn sehen will.
Er wird tatsächlich von den Ältesten zu einem der Boten gemacht, die die Nachricht vom Aufbruch ins Winterlager überbringen sollen.
Aber sie sind noch unterwegs, als mehrfaches Unglück den Baumhort heimsucht.
Luna, Greifs Freundin, wird durch seine Schuld lebensgefährlich verletzt. Als Greif aus Scham in die tiefsten Ausläufer des Baums flieht, verschüttet ein Erdbeben den Ausgang.
Greif finden einen Durchschlupf nach unten und landet in einer bizarren Unterwelt.
In diese folgt ihm sein Vater, der auf der Suche nach ihm ist und ihn retten will.
Doch Schatten hat dazu nur 48 Stunden Zeit, denn nur so lange wollen die Ältesten den Zugang zur Unterwelt offenhalten, aus Angst, daß Böses daraus hervordringt.
Und Böses finden Schatten und Greif in der Tiefe genug.
Denn hier treffen sie völlig unerwartet auf einen Feind, den sie längst verschwunden glaubten und der nur eins von ihnen will: Ihr Leben...




Allen, die dieser Empfehlung folgen wollen, wünsche ich viel Spaß beim Lesen.
Und ich hoffe, daß Oppels Fledermaus-Zyklus eine Fortsetzung findet.
Der Grundstein dazu ist gelegt...


:airborne:
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trigger
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Beitrag von trigger »

Mal ein großes Extra-Lob, ob deines Einsatzes in diesem Board:
EXTRA-LOB!
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mordsfilm
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Beitrag von mordsfilm »

:oops: :oops: :oops:
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owagner
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Beitrag von owagner »

Ich hab Teil 1 (im Original Silverwing) im Urlaub gelesen und gleich Teil 2 + 3 bestellt. Sehr empfehlenswert!

Olli
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mordsfilm
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Beitrag von mordsfilm »

Es gibt übrigens eine animierte Silberflügel-Verfilmung, die ziemlich gut gelungen ist und als 3er DVD-Set im Handel.
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mordsfilm
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Re: Kenneth Oppel - Die "Schatten"-Trilogie

Beitrag von mordsfilm »

Es gibt inzwischen ein Prequel der Trilogie: Nachtflügel.

Falls Interesse besteht, werde ich nächste Woche berichten.
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Barus
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Re: Kenneth Oppel - Die "Schatten"-Trilogie

Beitrag von Barus »

Uns interessiert viel mehr der Marriott-Brief.
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XNeo
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Re: Kenneth Oppel - Die "Schatten"-Trilogie

Beitrag von XNeo »

IM Barus braucht von allem eine Kopie für's MfS-Archiv. Nur Vorsorglich. Das verbessert die eigene Startposition, falls die Linkspartei drankommt. Und wieder eine Mauer baut:
Linkspartei-MdB Diether Dehm hat geschrieben:Eine allzu gedankenlose Distanzierung vom Mauerbau könnte in Zukunft das Verständnis dahin dogmatisch versperren, wo eine ökonomisch unterentwickelte Region – um mehr Demokratie, mehr Ökologie, mehr Kulturausgaben, mehr Soziales zu wagen – sich abschottet oder etwa die Abwerbung der vom Monopolkapital bevorzugten Kräftigen, Jungen, teuer Ausgebildeten verhindern wollte.
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mordsfilm
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Re: Kenneth Oppel - Die "Schatten"-Trilogie

Beitrag von mordsfilm »

Ach, IM Dehm. <DEPPENACCENT> den noch?
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