Christoph Marzi - Lycidas

Wer Lesen kann und damit angeben muß, was er gerade liest oder gelesen hat
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mordsfilm
Altstadtquerulant
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Christoph Marzi - Lycidas

Beitrag von mordsfilm »

Emily, ein Waisenmädchen in einem miesen Waisenhaus in einem verrufenen Bezirk des Londons der Gegenwart (auch wenn dieser anmutet, als sei er einem Dickens Roman entlehnt), wird eines Tages in der Küche von einer Ratte angesprochen, es solle darauf achten, daß dem jüngsten Neuzugang Mara, einer Zweijährigen, nichts passiert.
Emily, die nicht wenig überrascht ist, eine Ratte reden zu hören, verspricht es und versucht, ihre Zusage zu halten, was ihr aber sogleich mißlingt, weil Mara in der folgenden Nacht entführt wird.
Emily versucht, der Spur der Entführer zu folgen und findet sich plötzlich in einem aberwitzigen Abenteuer wieder, in dem sie erfahren muß, daß es unter ihrem London ein anderes, viel älteres und noch verrückter bevölkertes gibt.
Und daß sie, zwischen diesen beiden Welten stehend, der Schlüssel zu einem erschreckenden Geheimnis ist.


Um es gleich vorweg zu sagen, Marzi ist ein klassischer Epigone.

Er hat sich ein Szenario zwischen Kai Mayer, Neil Gaiman und Dickens zusammengeklaut, daß einem die Spucke wegbleibt.

Aber das Seltsame ist, daß es trotzdem Spaß macht, ihn zu lesen.

Sicher ist dieser, sein erster Roman, noch teils etwas holperig und inkonsistent, sicher muß man sich erst daran gewöhnen, daß er gnadenlos in einem Absatz die Perspektive wechselt (und bei all den verschiedenen Blickwinkeln auch noch einen ICH-Erzähler bedient), daß er schöne Ansätze hat, aber das Erzeugen von Hochspannung dann doch noch nicht sein Ding ist, daß er in Passagen in die Rowlings-Krankheit ("Erklärkapitel statt Handlung) verfällt, aber irgendwo ist das Ganze dann doch eben ein Ganzes geworden, das (für Fans des Genres) durchaus lesenswert ist.

Darüber hinaus muß man ihm zu Gute halten, daß er einerseits kein Geheimnis daraus macht, wo er seine "Anregungen" herbezieht, andererseits die vorgefundenen Szenarien und Fäden aber auch weiterentwickelt und damit sozusagen eine Art Spinnoff aus Neverwhere von Gaiman und Die fließende Königin von Meyer hergestellt hat.

Trotz seiner 900 Seiten hatte ich das Buch recht schnell durch und habe nunmehr den Nachfolger bestellt.
Denn es sind noch längst nicht alle Rätsel gelöst...

6 von 10 Punkten
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owagner
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Beitrag von owagner »

7/8tel hab ich schon...
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mordsfilm
Altstadtquerulant
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Beitrag von mordsfilm »

Ich bin stolz auf Sie!
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